Rosenheim — Cyberkriminelle und staatlich gesteuerte Hacker bedrohen sowohl Kritische Infrastrukturen als auch Unternehmen und Privatpersonen. Das Gefahrenspektrum reicht von sogenannten DDoS-Attacken, bei denen Server und Websites lahmgelegt werden, über das Einschleusen von Schadsoftware bis hin zu Fake-Shops. Daneben kann ein Verstoß gegen die Europäische Datenschutzgrundverordnung beim Umgang mit personenbezogenen Daten eine empfindlich hohe Geldstrafe nach sich ziehen, was findige Rechtsanwälte zur Abzocke nutzen. Der Kreisverband der Rosenheimer PIRATEN beleuchtet die Gefahrenlage und benennt grundsätzliche Vorsichts- und Schutzmaßnahmen in einer kostenfreien zweistündigen Anleitung, einer „Cryptoparty“: Die IT- und Social Media-Experten Richard Stinauer aus Bruckmühl und Roger Rösch aus München erklären allgemein verständlich alles Wesentliche am Mittwoch, 9. November, ab 19 Uhr in der Lounge des Rosenheimer Restaurants zum Santa am Max-Josefs-Platz. Im Mittelpunkt stehen Möglichkeiten zum Schutz der Privatsphäre wie Passwortsicherheit, Zwei-Faktor-Authentifizierung, Datenverschlüsselung, Virenschutz, anonymes Surfen, Smartphone-Schutz und sichere Kommunikation.
Die digitale Transformation von Prozessen und Dienstleistungen in Behörden, Finanzwirtschaft und Unternehmen schreitet voran, die Flexibilisierung der Arbeit nimmt zu, etwa durch die Verbreitung von Homeoffice und Online-Veranstaltungen in der Corona-Krise. Zugleich fühlt sich eine Mehrheit der Internetnutzer im Netz nicht sicher. So bekundeten Anfang November in einer Umfrage im Auftrag des Digitalverbands Bitkom 52 Prozent der 1.014 befragten Internetnutzer ab 16 Jahren, sich online eher (28 Prozent) oder sehr (24 Prozent) unsicher zu fühlen. Demgegenüber fühlten sich 29 Prozent eher sicher, nur 15 Prozent sehr sicher.
Tatsächlich verschärft sich die Bedrohungslage im Netz. Die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) 2021 weist das dritte Jahr in Folge einen Anstieg der Fälle mit dem „Tatmittel Internet“ aus. Dazu zählen Straftaten wie Waren- und Warenkreditbetrug, Computerbetrug, Leistungs- und Leistungskreditbetrug, die Verbreitung pornografischer Schriften und Straftaten gegen die Urheberrechtsbestimmungen. Die PKS 2021 summiert 383.469 solcher Fälle (2020: 320.323 Fälle, 2019: 294.665 Fälle). Statista beziffert den Schaden in Deutschland 2021 auf rund 88 Millionen Euro und nennt Computerbetrug als eines der häufigsten Cyberverbrechen: Ransomware etwa versperrt dem eigentlichen Nutzer den Zugriff auf seine Daten. Der Betroffene soll meist hohe Lösegelder (engl.: ransom) zahlen, um irreparablen Datenverlust zu vermeiden. Statista registriert zudem einen rapiden Anstieg des Einsatzes sogenannter Stalkingware: Schadprogramme, die nach der Installation auf dem Gerät des Opfers den Zugriff auf alle mit dem PC oder Smartphone verknüpften Informationen freigeben.
Fixpunkte: EU-DSGVO und BDSG-NEU
Die IHK für München und Oberbayern warnt wiederum vor einer neue Abzockmasche durch findige Rechtsanwälte: Bundesweit werden Website-Betreiber abgemahnt, die bestimmte technische Inhalte von Google so eingebunden haben, dass die IP-Adressen der Nutzer an den US-amerikanischen Internetgiganten übermittelt werden. Konkret geht es um Google Fonts – Schriftarten, die als Bausteine zur Darstellung von Text auf vielen Web pages verwendet werden. IP-Adressen dienen der Identifizierung von Endgeräten im Internet und zählen zu den personenbezogenen Daten, die der Europäischen Datenschutzgrundverordnung (EU-DSGVO) unterliegen. Die Anwälte verlangen häufig 100 Euro für den persönlichen Schaden sowie zusätzlich eine Unterlassungserklärung plus Anwaltsgebühren in Höhe von bis zu 360 Euro. Die IHK empfiehlt, präventiv Google Fonts lokal auf dem eigenen Server zu hinterlegen und die Datenschutzerklärung auf der Website anzupassen. Weder solle auf das Schreiben reagiert, noch eine Zahlung geleistet, vielmehr die IHK informiert werden, da der Verdacht auf Rechtsmissbrauch bestehe.
Obgleich die EU-DSGVO und ergänzend das neue Bundesdatenschutzgesetz (BDSG-NEU) das Erheben und Verarbeiten personenbezogener Daten im Internet umfassend regeln, können schwere Pannen offenbar nicht ausgeschlossen werden: So verschickte etwa ein Essener Impfzentrum im August 2021 per Rundmail die Daten von über 13.000 Impfwilligen an rund 700 Adressaten, die lediglich über geänderte Öffnungszeiten informiert werden sollten. Die Stadt Essen räumte ein, dass es sich um einen unverzeihlichen menschlichen Fehler handelte und „es nicht in allen Fällen gelungen“ sei, „die über das Impfzentrum Essen verschickte E-Mail zurückzurufen“. Die für den Datenschutz zuständige Stelle der Stadt Essen sei informiert und der Vorfall dem Landesdatenschutzbeauftragten gemeldet worden.
„Cryptoparty“ sensibilisiert für Schutzmaßnahmen
Einer im Februar 2022 veröffentlichten Studie von ClickMeeting zufolge achten Internetnutzer zwar häufig auf die Privatsphäre-Einstellungen, jedoch selten auf das Verschlüsseln vertraulicher Daten. Bei Webinaren etwa legen drei Viertel (74 Prozent) der 510 volljährigen Befragten Wert auf den Schutz ihrer Privatsphäre, 20 Prozent ist dies jedoch egal und 4,9 Prozent achten gar nicht darauf. Damit das Bewusstsein für Datenschutz, Datensparsamkeit, Datensicherheit, Datenverschlüsselung und sichere Kommunikation geschärft wird, führt die Piratenpartei Rosenheim seit neun Jahren kontinuierlich kostenfreie und für jedermann zugängliche Schulungen durch. Auf diesen sogenannten „Cryptopartys“ referierten in Rosenheim beispielsweise Informatiker, zertifizierte Datenschutzauditoren, IT-Prozessmanager und EDV-Sachverständige.
Die Cryptoparty am Mittwoch, 9. November, ab 19 Uhr in der Lounge des Rosenheimer Restaurants zum Santa am Max-Josefs-Platz leiten erneut zwei ausgewiesene IT- und Social Media-Experten: Richard Stinauer aus Bruckmühl und Roger Rösch aus München. Im Mittelpunkt ihrer Präsentationen stehen die Möglichkeiten für Normalbürger zum Schutz der Privatsphäre wie Passwortsicherheit, Zwei-Faktor-Authentifizierung, Verschlüsselung, Virenschutz, anonymes Surfen, Smartphone-Schutz und sichere Kommunikation. Angesprochen werden auch drei weitere Themen: erstens die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), die bundesdeutsche Regelung zur anlasslosen Vorratsdatenspeicherung erneut für EU-rechtswidrig zu erklären, zweitens die Auszeichnung „Digitales Amt“ der Staatsministerin für Digitales, Judith Gerlach, MdL (CSU), für bayerische Kommunen, die mindestens fünfzig kommunale und zentrale Online-Verfahren im sogenannten BayernPortal verlinkt haben, und drittens das Browser-Plugin „Nervenschoner“ der Verbraucherzentrale Bayern, welches Einwilligungs-Banner ausblendet. Teilnehmen wird wegen des zehnjährigen Bestehens des Kreisverbandes Rosenheim – Gründungstag: 15. Juli 2012 – auch der bayerische Landesvorsitzende der Piratenpartei, Dipl. Informationswirt Alexander Kohler.
Die nächste öffentliche Veranstaltung der Rosenheimer PIRATEN ist der Kreisparteitag 2022.1 mit Vorstandsneuwahl am Sonntag, 27. November 2022, ab 10 Uhr im Restaurant zum Santa. Ihm folgen im Anschluss die Aufstellungsversammlungen der Stimmkreisbewerber („Direktkandidaten“) für die Wahl zum 19. Bayerischen Landtag und für die Wahl zum 17. Bezirkstag Oberbayern im Herbst 2023 – jeweils für den Stimmkreis 128 (Rosenheim-West) und für den Stimmkreis 127 (Rosenheim-Ost).